Viel unendlich Hilfreiches ist über die Angst, ihre Formen und ihre Entstehung im menschlichen Sein erforscht, verstanden und geschrieben worden. Daraus wurden grundlegende Behandlungskonzepte und unterstützende therapeutische Schritte entwickelt.

Das Ziel war und ist es immer noch, Ängste zu verstehen und ihren Ursprung zu erforschen. Man arbeitet daran zu lernen mit ihnen umzugehen und sie im besten Falle zu heilen.

Spannenderweise aber bleibt man auf diesem Weg, trotz all der entwickelten Modelle und therapeutischen Maßnahmen, oftmals an einem ganz bestimmten Punkt hängen. Es ist der Punkt, an dem man sich wie festgefahren fühlt im Umgang mit der Angst. Man merkt, dass einem die Erklärungsmuster und eingeübten Strategien nicht mehr genügen. Diese helfen nach wie vor gut, den Alltag zu bewältigen, aber auf eine noch ganz unbestimmte Art und Weise erlebt man, dass sie nicht mehr ausreichen, um grundlegend weiter zu kommen. Vielleicht beginnt man an dieser Stelle insbesondere dem Aspekt Aufmerksamkeit zu schenken, dass das, was einem Angst macht, viel mehr mit einer entwickelten Vorstellung zu tun hat, als mit dem tatsächlich gelebten Moment. Man fängt an zu spüren, dass man sich ständig selbst eine Geschichte zur entsprechenden Situation oder zu einem Auslöser eines Angstgefühls erzählt (siehe auch den Blog-Beitrag zu diesem Thema).

Diese und natürlich auch andere Wahrnehmungen und Erkenntnisse können ein Anstoß sein, sich für eine erweitertes Verständnis der Angst zu interessieren.

 

 

Denken und der rationale Zugang zu einem selbst und der Welt, die einen umgibt, sind ein wunderbarer Ausdruck des menschlichen Potentials. Um aber die eigenen Ängste fundamental zu heilen, sind sie schlussendlich nicht wirklich ausreichend.

Alle Erfahrungen und Erkenntnisse, die man im Bezug auf die Angstbewältigung gemacht hat, insbesondere auch die therapeutischen, sind immens wichtig. Sie helfen einem, sich zu strukturieren und an den Punkt zu kommen, an dem man sich auf neue Impulse einlassen möchte. Sie sind wertvoll und eine wichtige Vorbereitung auf einen möglichen nächsten Schritt.

Dieser Schritt lässt sich vielleicht beschreiben als den, der einen den Weg von außen nach innen beschreiten lässt, als einen, der der Beginn des Abenteuers sein könnte, sich für einen ganz anderen Blick auf sich selbst zu öffnen und in diesem Kontext zu seinen Ängsten.

Hierbei muss man sich zunächst der Schwierigkeit stellen, sich tatsächlich von den übernommenen Vorstellungen und Meinungen, die man sich gebildet hat, und den Selbstkonzepten, die man entworfen hat, zu verabschieden. Diese waren wichtig für das Überleben (körperlich und emotional) und haben dem Leben selbst Struktur und Sicherheit gegeben. Genau deshalb ist es auch so herausfordernd, sich auf einen erweiterten Umgang mit der Angst einzulassen.

 

 

Was heißt es nun, nach innen zu gehen?

Es heißt, dass man die Verbindung zu seiner Quelle des ureigenen Seins sucht, zu diesem stillen und absolut friedlichen Ort im eigenen Inneren. Hier lebt die Fülle des Seins und wenn man sich dort einfindet, kann man sich selbst als individuellen Ausdruck dieser Fülle wahrnehmen.

Der Blick, den man von hier aus auf die eigenen Ängste und ihre Themenbereiche richten kann, ist getragen durch die Absichtslosigkeit. Dies ist ein Zustand, der uns in unseren „äußeren“ Lebensumständen ziemlich fremd geworden ist und unseren herkömmlichen Strategien zur Gestaltung unseres Lebens scheinbar entgegen steht. Doch durch diese Betrachtungsweise entsteht eine Möglichkeit, sich und in diesem Falle die eigenen Ängste in einer ganz neuen Weise anzuschauen. Vielleicht hilft einem hierbei die Vorstellung, dass man aus der Verbundenheit zu seinem tiefen inneren Wissen gleichsam in eine Art Angst-Spiegel blicken kann. In diesem sieht und erkennt man das, was man die eigene Urangst nennen könnte.

Spannend ist nun, dass man im Austausch mit anderen Menschen erfährt, dass an dieser Stelle die wahrgenommenen Ängste eines jeden praktisch identisch sind. Man begegnet hier sozusagen der einem jeden Menschen innewohnenden Urangst.

Es ist die Angst vor Auslöschung – es ist die Angst nichts zu sein und nichts zu werden – es ist die Angst vor der Endlichkeit des menschlichen Daseins – es ist die Angst vor Vergänglichkeit und vor dem Tod.

 

Wenn man es schafft, auf diese Weise seinen Ängsten zu begegnen, macht man tatsächlich eine neue Erfahrung. Man kann erleben, dass es eine Art universelles Angstfeld gibt, das zum Menschsein gehört. So kann man auch verstehen, dass diese Urangst die eigentliche Wurzel aller so individuell erlebten Angstszenarien jedes Einzelnen ist.

 

Diese Erkenntnis ist absolut zentral für die endgültige Auflösung der ganz persönlichen Angstmuster und Angstzustände.

Gelingt es einem, sich auf diesen Impuls einzulassen, merkt man, dass vieles von dem, was man bisher beschuldigt hatte, ursächlich für die Angst zu sein, nicht mehr hilfreich ist. Gleichzeitig eröffnet sich durch diesen neuen Zugang die Möglichkeit essenziell etwas zu verändern. Hier kann man nun in eine unmittelbare Beziehung zum momentanen Gefühl der Angst selbst kommen. Es gilt einzutauchen in den Moment, das Gefühl präsent sein zu lassen und sich selbst zunächst ganz und gar anzunehmen mit all den gedanklichen und emotionalen Konditionierungen. Es gibt nichts zu bewerten und zu beurteilen, es gibt nichts zu benennen. Es zählt einzig die Verbindung mit dem Moment, so wie er sich gerade vor einem und in einem ausbreitet.

 

 

So kann es still werden, zunächst im Äußeren. Dann lässt man die Stille sich ausdehnen bis ins tiefste Innere, bis in den Raum in einem, in dem man ganz verbunden ist mit der dort ruhenden Kraft und der Weisheit des eigenen Herzens. Diese fließen als ein ständiger Strom der Liebe, der einem immer zur Verfügung steht. Die Herzensstimme ist zart und leise und so überhört man sie allzu oft. Sie ist überlagert vom Getöse der Gedanken und Vorstellungen, die die Glaubensmuster zum Ausdruck bringen und den daraus entspringenden Gefühlen. So muss man die Stille in sich bewusst immer wieder suchen.

Vielleicht kann einem dabei das Bild helfen, dass die Stille ein Raum ist, der hinter unseren Gedanken, Emotionen und  Körperempfindungen liegt, durchdrungen von allumfassender Liebe.

Wenn man nicht sofort einen Zugang zu diesem Ort finden kann, spielt es keine große Rolle. Wichtig ist zu wissen, dass er einfach da ist – immer. Wenn es einem im Weiteren möglich wird, auch nur einen Hauch dieser von Liebe erfüllten Stille zu spüren, wird man dies möglicherweise als ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit wahrnehmen können.

Das Beruhigende ist, dass man über die tief in einem verankerte Intelligenz des Herzens immer mit diesem inneren Raum verbunden ist.

Aus dieser Sicherheit betrachtet man nun die Ängste in der oben beschriebenen Weise. Tut man dies, entzieht man ihnen quasi ihre Lebensgrundlage. Es gibt nichts weiter zu tun, als dies beständig zu üben. So arbeitet man daran, Selbstverurteilung und Selbstzweifel, die gefüttert werden durch die eingefahrene Gedanken-Dauerschleife, nicht weiter zu nähren. Denn diese erzeugen die Risse im menschlichen Dasein, in denen die Ängste ankern können. Das allerbeste Mittel hier kraftvoll tätig zu werden, ist die fürsorgliche Selbstliebe.

Indem man den inneren Dialog mit sich selbst ständig freundlich und behutsam korrigiert, nimmt man sich gleichsam selbst in den Arm, anstatt sich zu bewerten und zu beurteilen. Hier kann man auf das heilsame, besänftigende unendlich tragfähige Wissen des eigenen Herzens vertrauen.